Organscreening mit Folgen

Einen Monat später hatte ich die zweite reguläre Untersuchung für den Mutter-Kind-Pass, die zwischen der 17. und 20. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden soll. Ich war erneut bei dem Arzt, den meine Mutter seit längerer Zeit kannte und zu dem ich nach der letzten Untersuchung beschlossen hatte fix zu wechseln. Wieder wurde eine Ulltraschalluntersuchung gemacht, diesmal sprach der Arzt nicht viel, schaute etwas nachdenklich und meinte dann jedoch, dass er sehr zufrieden sei. Das Baby sei nur etwas klein und würde seiner Einschätzung nach erst in der ersten Mai-Woche zur Welt kommen. Obwohl es keinen wirklichen Anlass gab, war ich nach der Untersuchung etwas niedergeschlagen und verunsichert. Mir gingen die Blicke des Arztes nicht mehr aus dem Kopf, genauso wie die Tatsache, dass er diesmal nicht einmal ansatzweise so euphorisch war wie letztes Mal...

 

In meinen Mutter-Kind-Pass hatte er eingetragen, dass die Biometrie des Babys nicht der aktuellen Schwangerschaftswoche entspricht und dass er mich zum Organscreening ins Spital überweisen werde. Er meinte zwar das letzte Mal auch schon, dass er mir auf jeden Fall aufgrund der damals auffälligen Nackenfalte empfehlen würde, das Organscreening ab der 22. Schwangerschaftswoche in Anspruch zu nehmen, trotzdem gab mir das Ganze nicht gerade Anlass zur Beruhigung.

 

Der Arzt hatte mir einen Termin im Spital für 19.12., ein paar Tage vor Weihnachten, vereinbart. Ich hatte davor ein richtig schlechtes Gefühl und schon tagelang vorher Angst. Ich versuchte Ausreden zu finden, um das Ganze nicht machen zu müssen. Außerdem störte es mich, dass bei meinem erst 19cm großen Baby nun bereits zum 8. Mal eine Ulltraschalluntersuchung durchgeführt wird. Ich telefonierte noch mit meiner Schwester um Rat zu finden. An diesem Tag ging ich in der Meinung schlafen, dass ich am nächsten Tag spontan entscheiden werde, ob ich die Untersuchung machen oder einfach absagen werde.

 

Trotzdem fuhr ich am 19.12. zur vereinbarten Untersuchung ins Spital. Es bringt nichts, es nicht zu wissen, dachte ich. Da muss ich jetzt wohl oder übel durch. Der Tag wurde letztendlich neben dem 10. Oktober zum schlimmsten meiner bisherigen Schwangerschaft. Der Albtraum jeder werdenden Mutter wurde Wirklichkeit.

 

Während der Arzt die verschiedenen Körperregionen meines Babys genauestens per Ulltraschall untersuchte, konnte ich auf einem Bildschirm auf der Wand mitschauen. Der Arzt hatte bereits einige Organe untersucht, die er als unauffällig betrachtete. Dann kam er zum Gehirn des Babys. Verschiedenste Regionen des Gehirns wären darstellbar, er suche nun nach einem Balken, der die beiden Gehirnhälften miteinander verbindet. Er kann den Balken nicht finden, meint er. Er schaue später noch einmal danach, eventuell wenn das Baby anders liege. Er sieht sich nun einmal das Herz genauer an. Es vergehen nur wenige Augenblicke. "Dieses Kind hat einen Herzfehler", sagt er. Das kann nur ein schlechter Traum sein, denke ich. Ich selbst erkenne einen weißen Fleck auf dem Herzen des Babys. Der Arzt spricht davon, dass es sich hierbei um den AV-Kanal handelt, ein Herzfehler, der besonders oft bei Kindern mit Down-Syndrom auftaucht. Er schaut noch einmal nach dem Balken im Gehirn. Er kann Ihn immer noch nicht finden: Verdacht auf Balkenagenesie. Zuletzt untersucht er die Wirbelsäule meines Babys. Was soll jetzt noch kommen, denke ich. Der Arzt ruft nach der Oberärztin, nach einigen Minuten kommt sie dazu. "Wirbelsäule..." "offen", sagt der Arzt zur Oberärztin. Ich glaube ich höre nicht recht. Es ist das zweite Mal in dieser Schwangerschaft, dass meine Welt zusammenbricht.

 

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