Der nächste Kontrolltermin im Herzzentrum

Vor jedem neuen Kontrolltermin herrscht bei meinem Freund und mir ein Warten und Bangen, immer in der Angst, was denn jetzt wieder dazu kommen könnte. Genauso dieses Mal, es ist Donnerstag, der 17.2.2017 und wir haben nach zwei Wochen wieder eine Kontrolle zum Herzulltraschall im Spital. Beim letzten Termin erfuhren wir, dass sich ums Herz unseres Babys eine Flüssigkeitsansammlung - ein sogenannter Perikarderguss - gebildet hat, der beobachtet werden muss, da das Baby frühzeitig geholt werden müsse, wenn dieser noch ausgeprägter werden würde. Wie immer gingen wir, nach allem was uns bereits wiederfahren war, vom Schlimmsten aus. Meine größte Angst war es, dass unser Baby bereits in den kommenden Wochen auf die Welt gebracht werden müsse, wenn es im Mutterleib in Gefahr wäre. Es hatte doch vor zwei Wochen erst 633g und ich wollte auf keinen Fall, dass das sowieso schon kranke Baby so klein auf die Welt kommen müsse...

 

Bei der Herzspezialistin angekommen, teilten wir der Ärztin gleich mit, wie besorgt wir wegen der Wasseransammlung seien, worauf sie rasch mit der Ulltraschalluntersuchung begann. "Der Perikarderguss ist deutlich zurückgegangen. Ist nun kaum mehr der Rede wert", meinte sie. Ein Stein fiel uns vom Herzen. Die Ulltraschalluntersuchung hatte aber erst begonnen und man musste natürlich jederzeit noch auf alles gefasst sein. Die Herzspezialistin konnte bei den vergangenen Untersuchungen noch nicht eruieren, wie das Herz mit der Lunge verbunden war, da das Baby noch so klein war. Diesmal meinte sie jedoch, das Baby sei auf jeden Fall gewachsen, da sie nun alles besser sehe, als beim letzten Mal. Nach einer recht langen und genauen Untersuchung teilte sie uns mit, dass sie nun die Verbindung von Herz und Lunge ansatzweise erkennen könne: Lunge und Herz seien bei unserem Kind nicht wie normal über die Lungenarterie verbunden, sondern es haben sich andere Verbindungen, mittels vieler kleiner Blutgefäße gebildet. Dies erschwere die Operation zusätzlich.

 

"Was bei Ihrem Kind zusammenkommt, gibt es nur ein paar Mal auf der Welt." Diesen Satz der Ärztin werden wir wohl nie wieder vergessen. Seit sie ihn gesagt hat, rotiert er in meinem Kopf wie ein Kreisel.

Wir erkundigen uns noch nach ihrer Einschätzung, wie lang unser Baby nach der Geburt wohl im Spital sein müsse. Würde es mit über 2,5 Kilo zur Welt kommen, wären es vermutlich etwa 8 Wochen, da die Operation rasch durchgeführt werden könnte. Dass unser Baby 2,5 Kilo bis zur Geburt erreicht, ist leider nicht wahrscheinlich. So müsse das Baby natürlich noch im Brutkasten nachreifen, bis es das Gewicht erreicht hat, bei dem die Operation vorgenommen werden kann. Es könnte so insgesamt zu etwa 4 Monaten Krankenhausaufenthalt kommen. Mit dieser Auskunft verlassen wir den Untersuchungsraum und bekommen noch eine kurze Führung auf der Herzstation, wo unser Kind für längere Zeit liegen würde. Die Station ist zu unserer Überraschung viel freundlicher und lichtdurchfluteter als vieles, was wir vom Spital bereits gesehen haben. In Zweibettzimmern liegen jeweils 2 Babys mit ihren Müttern, die 24 Stunden bei ihnen bleiben können. Wir dürfen von außen einen Blick in ein Zimmer werfen: Ein Baby liegt in einem liebevoll hergerichteten Babybett an Schläuchen, es hat die Augen geöffnet und liegt ganz alleine im Zimmer. Mir fällt es nicht leicht mir vorzustellen, dass es mein Baby sein könnte, das hier liegt. Und dass mir das Ganze - schon im besten Falle - auch bevorsteht.

 

Oft denke ich alles wäre nur ein schlechter Albtraum, aus dem ich doch endlich aufwachen müsse. Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn alles anders gekommen wäre. Wir hätten wohl eine komplette Babyausrüstung und alles wäre für die Ankunft unseres Babys vorbereitet. Ich würde mir ausmalen wie es wäre, wenn wir unser Baby bald zu Hause hätten. Ich wäre unbeschwert, so wie alle anderen Mütter, die auf ihre Babys warten und es kaum erwarten können, dass das Baby bei ihnen wäre. Auch sie haben Sorgen: Werde ich eine gute Mutter sein, werde ich mit der neuen Situation umgehen können? Wie wird sich unser Leben verändern?

Auch wenn ich in ihrer Situation womöglich die gleichen Sorgen hätte, so erscheinen sie mir in unserer Lage doch unsagbar klein.

 

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