Mädchen oder Bub? Letzte Entscheidungen im alten Jahr

"Der komplexe Herzfehler würde als Grund reichen, um die Schwangerschaft abzubrechen." Sätze die man als werdende Eltern nicht hören will. Uns wird der Vorgang des Fetozids erklärt, und dass wir keinen Zeitdruck haben, um eine Entscheidung zu treffen. Wir brauchen eine genaue Diagnose, sagen wir, so vieles steht im Raum, das noch nicht sicher bestätigt wurde. Für kurz nach dem Jahreswechsel wird uns ein Termin zum fetalen MRT vereinbart.

 

Zu Hause setze ich mich mit dem vorzeitigen Befund der Fruchtwasseruntersuchung auf die Couch. Werte für Trisomie 21...unauffällig, 13..., 18... unauffällig, lese ich. Andere häufige Gendefekte: unauffällig. Karyotyp des Feten: männlich. Kurz stocke ich. "Ähm, hier steht: Karyotyp männlich!?", sage ich zu meinem Freund. Wir googeln das Wort Karyotyp, sind uns im ersten Moment nicht sicher, ob es wirklich das bedeutet, was wir glauben...

 

XY-Chromosomensatz, lesen wir, unser Baby ist männlich. Es wurde uns doch bereits ein paar Mal gesagt, dass unser Baby ein Mädchen ist. Wir googeln noch, wie sicher die Geschlechtsbestimmung im Zuge der Fruchtwasseruntersuchung ist. 100% sicher, lesen wir.

Wir waren nicht mehr länger "Team Rosa". Wir bekamen einen kleinen Buben. Uns auf das neue Geschlecht einzustellen, war nicht schwierig. Es hatte überhaupt keine Priorität mehr für uns. Unser kleiner Bub war unsere ganz große Liebe, das stand sofort fest.

 

Schon bald war der 24. Dezember. Neben all den niederschmetternden Diagnosen, die wir bereits bekommen hatten, war Weihnachten die mit schwierigsten Zeit mit dem Wissen über unser krankes Babys im Bauch. Doch der Übergang vom alten ins neue Jahr fiel mir noch schwerer. Wie sehr hatte ich mich bereits seit ich von meiner Schwangerschaft erfahren habe, auf den Zeitpunkt gefreut, an dem ich endlich sagen könnte: heuer kommt unser Baby zur Welt. Dieses Silvester wird etwas ganz Besonderes, dachte ich.

 

Pünktlich zu Mitternacht, als alle Städte in einen Feuerwerksregen versanken, versank ich in einem Schwall von Tränen. Das Jahr hatte begonnen, in dem ich mein Baby entweder auf die Welt bringen oder gehen lassen müsste.

 

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