Die Untersuchungen nehmen kein Ende

Bei unserem letzten Termin auf der Risiko Fetal Station vereinbarten wir mit der Ärztin uns bezüglich einer Entscheidung für oder gegen das Baby bzw. der weiteren Vorgehensweise in der kommenden Woche telefonisch zu melden. Wir hatten jedoch noch immer keinen Befund vom Langzeittest der Fruchtwasseruntersuchung erhalten, dieser sollte jedoch am Mittwoch, 18.1. endlich fertig ausgewertet sein. Es sei eher unwahrscheinlich jedoch nicht unmöglich, dass bei diesem Langzeitbefund noch ein Chromosomendefekt ans Tageslicht komme, sagte uns die Ärztin damals auf unsere Nachfrage. Nachdem was wir bereits erlebt hatten, rechneten wir jedoch nach wie vor mit allem. Ich hatte bereits mit mir selbst die Entscheidung vereinbart, das Baby auf keinen Fall hergeben zu können. So oft hatte ich bereits das Gefühl, jemand wolle mir mein Baby wegnehmen und ich müsse es verteidigen. Andererseits wollte ich mir jedoch auch kein vorzeitiges Urteil über mein Handeln erlauben, solange ich mich nicht selbst in der Situation befände, in der meinem Kind ein schwerer Gendefekt prognostiziert werden würde...

 

"Auch der Langzeitbefund ist völlig unauffällig", verkündete die Ärztin uns am Telefon. Es gäbe auch keinen Hinweis auf ein Di-George-Syndrom, welches sehr häufig mit Herzfehlern in Zusammenhang steht und die Erfolgsaussichten diesen zu korrigieren geschmälert hätte. Nach so vielen schlechten endlich einmal eine gute Nachricht.

 

Am Tag darauf rufe ich im Spital an, um unsere Entscheidung für die Fortsetzung der Schwangerschaft mitzuteilen. Dabei vereinbare ich auch einen Kontrolltermin, der in regelmäßigen Abständen eingehalten werden soll, um das Wachstum des Babys zu kontrollieren. Für den selben Tag mache ich mir auch noch einen erneuten Termin mit der Herzspezialistin aus, die uns empfohlen hatte auch dort weitere Kontrollen durchzuführen, wenn wir uns für die Weiterführung der Schwangerschaft entscheiden würden.

 

Am 2.2. befinde ich mich wieder auf der Risiko Fetal Station zu besagter Kontrolle. "Ich habe hier zwei unauffällige Befunde für Sie: Den der Fruchtwasseruntersuchung und des Micro-Array Tests". Dass auch die besonders detaillierte Genaufspaltung des Array-Tests unauffällig ist, beruhigt uns. Dann wird erneut ein Ulltraschall gemacht. Alles beim alten, jedoch eine Flüssigkeitsansammlung am Herzen unseres Babys. Diese könne mit einer Infektion oder Entzündung der Mutter zusammenhängen, oder aber mit dem Kreislauf des Babys. "Die Flüssigkeitsansammlung ist so gering, dass sie für uns keinen Anlass zur Sorge bietet", meint die Ärztin. "Dadurch dass Sie so schlank sind, sieht man bei Ihnen halt alles sehr genau." Wir erkundigen uns noch nach den Abmessungen unseres Babys, bzw. wie viel Gewicht es mittlerweile ungefähr hat. Vor der Untersuchung las ich noch in meiner Schwangerschafts-App, dass das Baby in dieser Woche die 1kg Grenze überschritten haben sollte. Ich hoffte bei unserem wachstumsverzögerten Baby auf etwa 850g. "Wir schätzen das Gewicht ihres Babys auf etwa 633g", teilte uns die Ärztin mit. Ich konnte es nicht glauben, dass unser Baby immer noch so klein und zart war. 

 

Bevor wir uns zum nächsten Termin aufmachten, fragte ich noch wie schwer unser Baby schätzungsweise nach den 40 Schwangerschaftswochen sein werde. "Ich wäre zufrieden, wenn es annähernd 2kg hätte", meint die Ärztin. In drei Wochen sollen wir wieder zur Kontrolle vorbeikommen.

 

Kurze Zeit später befinden wir uns wieder auf der Herzambulanz. Erneut wird das Herz unseres Babys geschallt, diesmal noch länger und genauer. Die Ärztin meint sie erkenne nach wie vor nicht, wie das Herz unseres Babys mit der Lunge verbunden ist. Dies sei für den operierenden Chirurgen von Bedeutung, könne aber spätestens nach der Geburt genau festgestellt werden. Was ihr mehr Anlass zur Sorge gibt ist die Flüssigkeitsansammlung um das Herz unseres Babys. "Es kann sein, dass ihr Baby mit dem Kreislauf Probleme hat. Ich würde Ihnen empfehlen, in zwei Wochen wieder zu einer Kontrolle vorbeizukommen". Wir fragen noch, was passieren würde, wenn sich die Flüssigkeit nicht zurückbildet, sondern mehr wird. "Es kann sein, dass das Baby dann frühzeitig geholt werden müsste. Es werden hier natürlich die doch sehr frühzeitige Entbindung und die Unterversorgung im Mutterleib in Relevanz gestellt. Es muss abgewogen werden, was ein größeres Risiko, auch für Spätfolgen, darstellt."

 

Nach dem Termin geht es mir überhaupt nicht gut. Ich will auf keinen Fall mein Baby mit 800 Gramm zur Welt bringen müssen.

 

Als werdende Eltern denkt man, nach Nackenfaltenmessung, Combined Test, Organscreening, Fruchtwasseruntersuchung, Array-Test, fetaler Magnetresonanz und über 15 Ulltraschalluntersuchungen sei endlich eine Diagnose getroffen. Doch was ich in diesem ganzen Prozess gelernt habe ist, dass es eine endgültige Diagnose nicht gibt. Je mehr das Baby sich weiterentwickelt und je größer es wird, desto mehr wird auf dem Ulltraschallbild erkannt. So nehmen die Untersuchungen bis zur Geburt und natürlich auch darüber hinaus kein Ende. Oft kann ich nicht fassen, wie viel bereits vorgefallen ist, wo doch nicht mehr geschieht, als dass dieses kleine Wunder in meinem Bauch still und leise vor sich hin wächst. Zum Glück weiß es nicht, welch Aufsehen in der Welt heraußen darum gemacht wird, die es noch nicht kennt.

 

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